Merseburger Zaubersprüche Erster Merseburger Zauberspruch Original: Althochdeutsch Eiris säzun Idisi, säzun hera duoder. suma haft heftidun, suma heri lezidun, suma clübodun umbi cuniowidi: insprinc haftbandun, infar wigandun. Übersetzung: Hochdeutsch Einst saßen Idisen, setzten sich hierher und dorthin. Einige hefteten Fesseln, einige hemmten das Heer. Einige zupften herum an den Fesseln: „Entspring den Haftbanden, entkomm den Feinden!" Przekład w jęz. polskim Kiedyś siedziały Idisy, siedziały tu i tam. Jedne mocowały więzy, inne zatrzymywały wojsko, a (jeszcze) inne luzowały więzy (na bojowniku): „Uwolnij się z więzów, ucieknij od wrogów!" Zweiter Merseburger Zauberspruch Original: althochdeutsch Phol ende uuodan uuorun zi holza. du uuart demo balderes uolon sin uuoz birenkit. thu biguol en sinthgunt, sunna era suister, thu biguol en friia, uolla era suister, thu biguol en uuodan, so he uuola conda: sose benrenki, sose bluotrenki, sose lidirenki: ben zi bena, bluot zi bluoda, lid zi geliden, sose gelimida sin. Übersetzung: hochdeutsch Phol und Wodan fuhren zu Walde. Da ward dem Fohlen Balders sein Fuß verrenkt. Da besprachen ihn Sinthgund und Sunna, ihre Schwester, da besprachen ihn Frija und Volla, ihre Schwester, da besprach ihn Wodan, wie er's wohl verstand: „Sei es zur Beinverrenkung, sei es zur Blutverrenkung, sei es zur Gelenkverrenkung: Bein zu Beine, Blut zu Blut, Gelenk zu Gelenk, als wenn sie geleimt wären!" Übersetzung ins Polnische: Phol i Odyn jechali do lasu, Tam źrebak Baldra skręcił nogę. Zaczarowała ją Sinthgunt, i jej siostra Sunna. Zaczarowała jąFreja, i jej siostra Volla. Zaczarował ją Odyn, gdyż dobrze wiedział jak: „Jeśli kość zwichnięta, jeśli krew rozlana, Jeśli kończyna skręcona: Kość do kości, Krew do krwi, kończyna do kończyny, Tak jakby sklejone były. Das Wessobrunner Schöpfungsgedicht (Anonym) De poeta Dat gafregin ih mit firahim firiuuizzo meista, Dat ero ni uuas noh ufhimil, noh paum noh pereg ni uuas, ni [...] nohheinig noh sunna ni seein, noh mano ni liuhta noh der mareo seo. Do dar niuuiht ni uuas enteo ni uuenteo, enti do uuas der eino almahtico cot, maano militisto, enti dar uuarun auh manake mit inan cootlihhe geista. enti cot heilac [...] Cot almahtico, du himil enti erda gauuorahtos, enti du mannun so manac coot forgapi, forgip mir in dino ganada rehta galaupa enti cotan uuilleon, uuistom enti spahida enti craft, tiuflun za uuidar stantanne enti arc za piuuisanne enti dinan uuilleon za gauurchanne! Vom Dichter Das erfuhr ich bei den Menschen als größtes der Wunder, dass es weder die Erde gab noch den Himmel oben , weder gab es Baum noch Berg , weder schien [...]die Sonne weder leuchtete der Mond noch das herrliche Meer. Als es da nichts gab an Enden und Wenden, da gab es früher den einen allmächtigen Gott, den gnadenreichsten der Männer, und da gab es auch viele herrliche Geister bei ihm. Und der heilige Gott [...] Allmächtiger Gott, du hast Himmel und Erde geschaffen, und den Menschen so viel Gutes gegeben, verleihe mir in deiner Gnade wahren Glauben und guten Willen, Weisheit und Einsicht und Kraft, den Teufeln zu widerstehen, das Böse zu vermeiden und deinen Willen zu tun! Dowiedziałem się tego od ludzi jako największego cudu, Iż ziemi nie było, ani na górze nieba, ani żadnego drzewa, ani góry, ani słońce nie świeciło, ani księżyc nie świecił, ani (nie było) wspaniałego morza. Kiedy tam nigdzie nic nie było na krańcach i końcach, był jednak jedyny, wszechmocny Bóg, Najłagodniejszy z mężów, i były tam też przy nim różne wspaniałe duchy. Das Hildebrandslied Ich hörte [glaubwürdig] berichten, daß zwei Krieger, Hildebrand und Hadubrand, [allein] zwischen ihren beiden Heeren, aufeinanderstießen. Zwei Leute von gleichem Blut, Vater und Sohn, rückten da ihre Rüstung zurecht, (5) sie strafften ihre Panzerhemden und gürteten ihre Schwerter über die Eisenringe, die Männer, als sie zu diesem Kampf ritten. Hildebrand, Heribrands Sohn, begann die Rede - er war der Ältere, auch der Erfahrenere -, mit wenigen Worten fragte er, (10) von welchen Leuten im Volk der Vater des anderen sei, „oder [sag mir,] zu welchem Geschlecht du zählst. Wenn du mir nur einen [Namen] nennst, weiß ich schon, wer die andern sind, die Angehörigen im Stammesverband. Ich kenne das ganze Volk." Hadubrand, Hildebrands Sohn, antwortete: (15) „Es haben mir unsere Leute gesagt, alte und erfahrene, die schon früher lebten, daß mein Vater Hildebrand heiße. Mein Name ist Hadubrand. Einst ist mein Vater nach Osten gezogen, auf der Flucht vor Odoakars Haß, zusammen mit Theoderich und vielen seiner Krieger. (20) Er hat in der Heimat, in seinem Haus hilflos und ohne Erbe seine junge Frau [und] ein kleines Kind zurückgelassen. Er ist nach Osten fortgeritten. Danach sollte Dietrich den Verlust meines Vaters noch sehr spüren: er war so ohne jeden Freund. (25) [Mein Vater aber,] Dietrichs treuester Gefolgsmann, hatte seinen maßlosen Zorn auf Odoakar geteilt. Immer ritt er dem Heer voran. Jeder Kampf war ihm so sehr willkommen. Die Tapfersten kannten ihn. Ich glaube nicht, daß er noch am Leben ist." - (30) „Ich rufe Gott vom Himmel", sprach Hildebrand da, „zum Zeugen an, daß du bisher noch nicht einen so nah Verwandten zum Gegner gewählt hast." Darauf löste er Reifen vom Arm, aus Kaisergold geschmiedet, wie sie ihm der König, (35) der Herrscher der Hunnen, geschenkt hatte: „Das schenke ich dir aus Freundschaft." - Hadubrand, Hildebrands Sohn, entgegnete aber: „Ein Mann soll [solche] Gaben mit dem Speer aufnehmen: Spitze gegen Spitze! Alter Hunne, du bist überaus listig; (40) wiegst mich mit deinen Worten in Sicherheit, um mich dann [um so besser] mit deinem Speer zu treffen. Du bist schon so alt, und doch bist du immer [noch] voll Hinterlist. - Ich weiß es von Seefahrern, die westwärts übers Meer [gekommen sind], daß ein Kampf mir meinen Vater genommen hat: tot ist Hildebrand, der Sohn Heribrands!" - (45) Hildebrand, Heribrands Sohn, sagte da: „An deiner Rüstung sehe ich deutlich, daß du zuhause einen mächtigen Herrn hast und daß du dieses Herrschers wegen noch nicht in die Verbannung hast gehen müssen. - O Herrscher Gott", fuhr Hildebrand fort, „das Schicksal will seinen Lauf! (50) Ich bin sechzig Sommer und Winter außer Landes gegangen. Da hat man mich immer in die Schar der Bogenschützen gestellt. Nachdem mich vor keiner Stadt der Tod ereilt hat, soll es nun geschehen, daß mich mein eigener Sohn mit dem Schwert erschlägt, mich mit seiner Waffe zu Boden fällt - oder daß ich ihm den Tod bringe. (55) Doch kannst du nun leicht, wenn deine Kraft ausreicht, von einem so alten Krieger die Rüstung gewinnen, die Beute an dich bringen, wenn du irgendein Recht darauf haben wirst. Der wäre nun wirklich einer der Feigsten unter denen, die nach Osten gegangen sind," sprach Hildebrand, „der dir den Kampf verweigern wollte, da du so darauf brennst, (60) auf den Kampf zwischen uns. So erprobe nun der, dem es auferlegt ist, wer von uns beiden den Harnisch verlieren muß, wer von uns beide Brünnen gewinnen wird!" Da ließen sie zunächst die Eschenlanzen gegeneinander rasen, mit einem so harten Stoß, daß sie sich fest in die Schilde gruben. (65) Darauf ließen sie ihre laut dröhnenden Schilde selbst aufeinanderprallen. Sie schlugen voll Ingrimm auf die weißen Schilde ein, bis ihnen das Lindenholz zu Spänen zerfiel, von den Waffen zerschlagen ... Pieśń o Hildebrandzie Słyszałem, jak powiadano, że się wyzwali pośród dwu wojsk na pojedynek - Hildebrand i Hadubrand. Syn i ojciec sposobili swój rynsztunek, poprawili odzież, przypasali miecze na pierścieniach pancerzy i konno ruszyli do walki. Hildebrand przemówił - starszy, hartowny, doświadczeńszy w życiu; jął się dopytywać w słowach niewielu, między wojakami, kto jest jego ojcem ... ... „lub jaki jest ród twój? Wymień mi jednego, będę wiedział o innych w całym państwie znam wojów co lepszych."' Hadubrand, odrzekł śmiały syn Hildebranda: „Przed laty mówili mi nasi ludzie, starzy i mądrzy, którzy żyli wcześniej, że Hildebrand zwał się mój ojciec; jam jest Hadubrand. Na wschód on uciekł przed Otakera gniewem dawno z Dytrychem i wielu wojakami. W domu swoim zostawił w niedoli małżonkę i syna, malca wówczas, bez mienia wszelkiego, gdy na wschód wyruszył. (tłum. Alfred Tom) Aus der Wiener Genesis
Nun merkt auf, meine Lieben, | |
ich möchte euch etwas vortragen! | |
Wenn der gnädige Gott geruht, | |
mir die Fähigkeit zu verleihen, | |
5 | so zu sprechen, |
wie es mir die Heilige Schrift vorgibt, | |
dann wird die Erzählung schön, | |
(denn) die Wundertaten Gottes sind unvergleichlich. | |
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Gott ist vollkommen; | |
10 | er war immer, kannte keinen Anfang. |
Als außer ihm niemand war, | |
erschuf er die Engel. | |
Zehn Chöre richtete er ein, | |
ihnen allen ordnete er Engel zu. | |
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15 | Ich kann euch wahrlich versichern: |
Er gab jedem Chor seinen Namen! | |
Den ersten nannte er »Engel«, | |
den zweiten »Erzengel«, | |
den dritten »Throne«, | |
20 | den vierten »Herrschaften«, |
den fünften »Gewalten«, | |
den sechsten »Fürsten«, | |
einen weiteren (Chor) nannte er »Cherubim«, | |
einen anderen »Seraphim«. | |
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25 | Dann erschuf er einen Engel, |
der überstrahlte alle anderen; | |
er war die Wonne aller Engel, | |
denn Gott ließ ihn in reichem Maße | |
an der himmlischen Wonne teilhaben. | |
30 | Zu seinem Chor gehörte eine große Schar. |
Wahrheitsgemäß sage ich euch dies: | |
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Gott nannte ihn »Lichtträger«. | |
Er liebte ihn sehr; | |
in ihm hat die Anmaßung ihren Ursprung. | |
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35 | Gott ist gnädig und gut; |
der Anmaßung aber tritt er mit aller Macht entgegen; | |
das nämlich zeigte er deutlich | |
an jenem Verworfenen. | |
Als dieser sich in vertrautem Gespräch | |
40 | an seine Mitengel wandte, |
sprach er höchst anmaßend zu ihnen. | |
Er sagte: »Mein Herr hat die Macht | |
hier im Himmel; | |
er glaubt, ihm könne nichts widerstehen. | |
45 | Ich bin von gleicher Erhabenheit; |
ich werde auch ohne ihn existieren können. | |
Ich bin ebenso schön; | |
ich will mit meinem Chor | |
ebenso gewaltig sein wie er. | |
50 | Ich will unabhängig von ihm sein |
und meinen Thron | |
nördlich von dem seinen | |
im Himmel errichten. | |
Ich will auf gleicher Stufe mit ihm stehen.« | |
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55 | Da sprach Gott |
zu einem seiner Vasallen: | |
»Ich will dir sagen, Michael, | |
daß sich mein Vasall Luzifer | |
gegen mich erhoben hat! | |
60 | Dein Auftrag ist es, |
ihn auf der Stelle | |
mit all seinen Gefährten | |
vom Himmel hinab zu stoßen in die Hölle | |
und alle, die zu ihm halten | |
65 | und ebenso die, die zu seinem Tun schweigen. |
Sieh zu, daß keiner von ihnen hier zurückbleibt!« | |
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Als Gott das befohlen hatte, | |
wurde der Chor vernichtet. | |
Da wurde die Macht Gottes offenbar: | |
70 | Michael erhob seine Hand; |
er führte einen solchen Schlag gegen den Teufel, | |
daß der Himmel unter ihm barst, | |
so daß er im gleichen Augenblick | |
in den Abgrund stürzte, | |
75 | zusammen mit einer Schar, so gewaltig, |
wie wenn ein Unwetter mit Regen | |
drei Tage und drei Nächte lang niederprasselt. | |
Sehr groß ist die Macht Gottes. | |
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Als der Chor nun entvölkert war, | |
80 | besprach sich Gott mit seinen Engeln, |
wie er nach ihrer Meinung | |
den Chor auffüllen sollte. | |
Da sagten die Engel | |
zu Gott, ihrem Herrn, | |
85 | daß er aus all den Chören, |
die sich ihm nicht widersetzt hatten, | |
so viele Engel nehmen solle, | |
daß zu seinem Dienst nichts fehle. | |
Darauf antwortete ihnen der gütige Gott; | |
90 | er sagte, er habe anderes im Sinn. |
Er sagte, er wolle einen Menschen erschaffen | |
nach seinem Bilde, | |
auf daß dieser sich vermehre, | |
bis er den Chor aufgefüllt hätte. | |
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95 | Als das alles beschlossen war, |
ging Gott an sein Werk. | |
Er machte sich an die Arbeit | |
und erschuf Himmel und Erde. | |
Die Finsternis war gewaltig; | |
100 | Wasser überströmte die ganze Erde. |
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Da zögerte er nicht länger; | |
er sprach: »Nun werde Licht!« | |
Als er dann sah, | |
daß das Licht gut war, | |
105 | da trennte er |
Licht und Finsternis. | |
Das Licht nannte er »Tag«, | |
die Finsternis »Nacht«. | |
Das war sein erstes Tagewerk. | |
110 | Gar mächtig ist unser Herr. |
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Gewaltig sind die Wundertaten Gottes. | |
Er sprach: »Nun trenne sich | |
das Wasser vom Land, | |
daß dies trocknen könne. | |
115 | Das Festland entstehe, |
die Ufer seien gut befestigt; | |
zwischen ihnen sollen die Gewässer hinströmen, | |
wo immer sie hervorquellen.« | |
Bei Gott ist nichts unmöglich. | |
120 | Das war der zweite Tag. |
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Ich weiß, daß er dann | |
alle Gewässer gedrängt | |
an einer Stelle vereinigte: | |
Gewaltig ist die Macht Gottes. | |
125 | Das Wasser nannte er »Meer«. |
Der Erde befahl er, | |
Frucht zu bringen, | |
wie es in ihrer Natur angelegt war, | |
Pflanzen und Samen | |
130 | in ihrer Art, |
Kräuter und Bäume, | |
ein jedes nach seiner Natur. | |
Nun wißt, meine Lieben: | |
Das war sein drittes Tagewerk. | |
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135 | Dann sprach der gütige Gott, |
wie es seinem Willen entsprach: | |
»Nun mögen schöne Gestirne entstehen | |
am Himmelsgewölbe | |
und Tag und Nacht scheiden | |
140 | und beiden ihre (Leucht-)Kraft geben.« |
Mit ihrer Hilfe sollen wir | |
Tage und Wochen, | |
Jahreszeiten und Jahre festlegen. | |
Dem größeren Gestirn gebot er wahrlich, | |
145 | Helligkeit zu verbreiten |
und dem Tage nützlich zu sein. | |
Dem Mond gebot er, | |
freundlich zu leuchten, | |
und den Sternen, | |
150 | über der Erde zu scheinen |
und Tag und Nacht zu verschönern | |
mit ihrer Leuchtkraft | |
und herrlich zu strahlen. | |
Das war sein viertes Tagewerk. | |
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155 | Dann ließ unser Herr durch sein Wort - |
er war voller Gnade - | |
Fische entstehen, | |
kleine und große, | |
Vögel in der Luft, | |
160 | Wildtiere auf der Erde, |
Pferde und Rinder | |
und vieles andere Wunderbare, | |
was euch niemand aufzählen kann. | |
Er befahl der Erde, diese (Tiere) alle zu ernähren | |
165 | mit den Früchten, die sie hervorbrächte, |
so daß sie ihnen allen nützlich sei, | |
einem jeden nach seiner Art. | |
Er befahl ihr, für sie alle zu sorgen, | |
sie zu behüten und ihnen Sicherheit zu geben, | |
170 | durch jede Form von Fürsorge. |
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Als Gott mit seiner Macht | |
all seine Werke vollendet hatte, | |
da sprach er in seiner Güte | |
voller Freude: | |
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175 | »Nun wollen wir auch einen Menschen erschaffen |
nach unserem Bilde, | |
der über all unsere Geschöpfe | |
in unserem Namen herrsche, | |
dem es das weite Meer | |
180 | nicht verwehre, |
sich alles daraus zu nehmen, | |
was ihm gefalle; | |
es sei nirgends so tief, | |
daß das, was ihm darin gefalle, | |
185 | nicht eilends dorthin käme, |
wo er es erwartet, | |
um zu vernehmen, was er will, | |
und das auf der Stelle auszuführen. | |
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Kein Löwe sei so stolz | |
190 | und kein anderes Tier |
sei so wild | |
in Feld und Wald, | |
daß es ihm nicht gehorchen müßte, | |
was immer er mit ihm vorhat. | |
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195 | Kein Vogel soll je so hoch fliegen, |
daß er, sobald er ihn ruft, | |
nicht eilends herbeikäme, | |
wo immer er ihn vernimmt. | |
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Keine Schlange sei so furchterregend, | |
200 | daß sie ihm nicht gehorchen müßte. |
Nichts nehme ich aus | |
von der Gehorsamspflicht gegen ihn; | |
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kein Gift sei | |
so verderblich, | |
205 | daß es ihm schaden |
oder seine Wirkung gegen ihn entfalten könnte. | |
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Er soll uns gleich sein: | |
gefürchtet von allen Geschöpfen. | |
Er soll aufrecht gehen, | |
210 | auf zwei Beinen stehen, |
so daß er den Himmel betrachten kann, | |
den Lauf der Sterne beobachten | |
und den Gang der Zeiten | |
am weiten Himmel ablesen!« | |
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215 | Der erhabene Werkmeister |
nahm daraufhin Lehm; | |
wie der verfährt, der aus Wachs | |
ein Bild formt, | |
so verarbeitete er den Lehm | |
220 | zu ihrer beider Wohlgefallen: |
dem des Vaters und des Sohnes - | |
der spiritus sanctus eins mit ihm. | |
Dennoch waren sie nicht zu dritt: | |
Er, der als Einer drei Personen umfaßte, | |
225 | erschuf in der Weisheit seines Vaters |
unter Anleitung des Heiligen Geistes | |
aus dem Lehm einen Menschen | |
nach seinem Bilde. | |
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Mit dem Haupt begann er | |
230 | die Erschaffung des Abbildes. |
Den Kopf machte er rund, | |
den Schädel überzog er mit Haut, | |
verlieh ihm ein gefälliges Aussehen, | |
bedeckte ihn mit Haaren, | |
235 | und gab dem weichen Gehirn |
die Hirnschale zum Schutz. | |
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Im Gesicht brachte er | |
sieben nützliche Öffnungen an, | |
zwei bei den Ohren, | |
240 | damit er hören könne, |
dazu zwei Augen, | |
damit er das Verborgene sehen könne, | |
zwei an der Nase, | |
damit er riechen könne, | |
245 | eine als Mund - |
das ist die nützlichste von allen! | |
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Im Mund ließ er | |
eine lange Zunge sich bewegen. | |
Um sie herum machte er sogleich | |
250 | eine Kinnlade, |
und zwei Reihen von Zähnen, | |
aus sehr harten Knochen, | |
um die Nahrung zu zerkleinern | |
und der Zunge das Sprechen zu ermöglichen. | |
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255 | Wenn sie Luft heranholt |
und diese in den Mund zieht, | |
dann bildet sie an den Zähnen | |
das Wort, das sie ausspricht. | |
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Danach formte er ihm die Schultern, | |
260 | einander genau entsprechend. |
Von denen gehen zwei | |
gleichgestaltete Arme aus. | |
Sie haben am Ende | |
zwei wohlgeformte Hände. | |
265 | An ihnen befinden sich vorn |
fünf Finger, mit Horn versehen. | |
Das Horn bildet die Nägel; | |
vorher kommen noch die Knöchel, | |
damit die Finger | |
270 | sich gegenseitig helfen können. |
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Der dickste ist ja | |
der nützlichste unter ihnen; | |
das ist der Daumen. | |
Er hilft ihnen bereitwillig, | |
275 | denn ohne ihn können sie |
nichts haken. | |
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Der sich daneben befindet, | |
der zeigt auf alles. | |
Der dritte heißt »Unbeherrscht«, | |
280 | denn er drängt sich immer vor; |
wo immer die Hand auch hinlangt, | |
das berührt er als erster. | |
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An dem vierten | |
glänzen die schönen Ringe, | |
285 | mit denen der Mann |
seine Frau zur Gemahlin zu nehmen pflegt. | |
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Auch ist es Brauch des Königs, | |
mit einem solchen (Ring) ein Bistum | |
dem Geistlichen zu vermählen, | |
290 | den er als Herrn einsetzen will. |
Der kleinste Finger | |
hat keine andere Aufgabe | |
als, wenn es notwendig ist, | |
im Ohr zu grübeln, | |
295 | damit es genau hören könne, |
was jemand sagt. | |
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Danach formte er ihm den Brustkorb | |
als Schutzwall für das Herz, | |
damit er es beschirme | |
300 | vor allem Übel. |
Wird das Herz versehrt, | |
so ist das Leben überschattet: | |
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wenn sich sein Zustand nicht rasch bessert, | |
muß die Seele das Gefäß verlassen, | |
305 | in dem sie zu Hause ist, |
bis sie der Schmerz daraus vertreibt. | |
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Das Herz halten | |
Leber und Lunge umfangen. | |
Ihnen gegenüber liegt | |
310 | in angemessener Breite die Milz. |
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In die Leber | |
eingebettet ist die klebrige Galle. | |
Sie ist bitter; | |
sie will nicht, daß man sie genießt. | |
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315 | Wer sie ausspuckt, |
wenn sie ihm überläuft, | |
ist gerettet; | |
ihn kann weder Schüttelfrost noch Fieber mehr heimsuchen; | |
auch quält seinen Leib | |
320 | weder Gelbsucht noch Kolik. |
|
|
Das Herz ist der Sitz unseres Lebens, | |
von der Lunge empfangen wir den Atem, | |
von der Leber unser Aussehen, | |
die Milz bewirkt, daß wir schnell bereit sind zu lachen, | |
325 | die Galle (erregt) den Zorn, |
der viele Menschen ins Verderben führt. | |
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Unter dem Haupt und den Schultern | |
gab er ihm (dem Menschen) eine Röhre, durch die | |
330 | Speise und Trank ihren Weg nehmen sollen. |
|
|
Hinten schuf er ihm das Rückgrat; | |
von ihm gehen Rippen aus; | |
sie biegen sich nach vorn | |
zum Schutz des Herzens, 335 so daß ihm weder Stoß noch Schlag | |
zu schaden vermögen. | |
Über den Rippen | |
liegen zwei Schulterblätter, | |
woran sich die Arme drehen, | |
340 | wenn sie sich bewegen. |
|
|
Wo aber der Rücken aufhört, | |
da sind zwei Hüftknochen; | |
von da ab teilt sich der Leib | |
in zwei gleichgestaltete Beine. | |
345 | Am Kniegelenk |
sind sie biegsam, | |
damit sie sich bewegen können, | |
wenn sie schreiten. | |
|
|
Unterhalb des Kniegelenkes | |
350 | befinden sich am Bein die Waden: |
damit das Bein, wenn es sich streckt, | |
nicht wie ein Stecken dastehen muß. | |
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Unter dem Schutz der Rippen | |
hängt das Gedärm, | |
355 | der weiche Bauch, |
der die Nahrung verdaut: | |
Alles, was der Hals hinabschluckt, | |
das nimmt der Magen auf. | |
Wozu soll man das einzeln aufführen: | |
360 | Das Nützlichste kommt alles in den Magen. |
|
|
Unterhalb des Magens | |
führt ein Wasserschlauch | |
|
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in die Blase | |
hinunter zwischen die Hoden. | |
365 | Daß wir das nicht erwähnen, |
womit wir zeugen, | |
ist sündenbedingt: | |
Wir schämen uns dessen. | |
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Weiterhin formte er ihm die Füße, | |
370 | beide gleich groß, |
fünffach unterteilt, | |
(nämlich) in fünf Zehen gespalten. | |
Die haben Nägel, | |
genauso wie oben die Finger. | |
|
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375 | Als Gott aus den einzelnen Stücken |
den Menschen zusammenfügen wollte, | |
da nahm er, glaube ich, | |
einen klebrigen Lehm; | |
wo er wollte, | |
380 | daß die Gliedmaßen sich verbinden, |
strich er etwas davon dazwischen, | |
so daß sie zusammenhalten konnten. | |
|
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Aus dem gleichen Lehm | |
machte er Adern. | |
385 | Jedes Glied überzog er |
mit diesem klebrigen Lehm, | |
so daß sie fest hafteten | |
und zusammenhielten. | |
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Aus hartem Lehm | |
390 | formte er die Knochen. |
Aus weicher Erde | |
ließ er das Fleisch entstehen. | |
Aus dem klebrigen Lehm | |
bildete er die Adern. | |
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395 | Als er ihn (den Menschen) ganz zusammengefügt hatte, |
bestrich er ihn mit Schlamm. | |
Dieser Schlamm | |
wurde zur Haut. | |
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Als er die herrliche Gestalt | |
400 | vor sich liegen sah, |
da stand er voller Freude | |
über diesem Erdengebilde. | |
Er hauchte ihm seinen Geist ein | |
und verlieh ihm großen Verstand. | |
405 | Alle Adern |
füllten sich mit Blut. | |
Die Erde wurde zum Fleisch, | |
zu Knochen der harte Lehm; | |
die Adern bogen sich | |
410 | überall dort, wo sich Glied zu Glied fügte. |
|
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Die Hände konnte er | |
zu jeglicher Arbeit gebrauchen. | |
Sogleich erhob er sich | |
und ging auf und ab. | |
415 | Er betrachtete jedes einzelne |
der vielen Wunderdinge: | |
Vierbeiner und Vögel, | |
wilde und zahme. | |
Er nahm auch die | |
420 | Pflanzen und Bäume wahr. |
Er staunte sehr darüber, | |
daß sich der Fisch im Wasser tummelte. | |
Die furchterregenden Schlangen | |
erschreckten ihn keineswegs. | |
|
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425 | Als er das alles gesehen hatte, |
sprach Gott zu ihm: | |
»Du sollst an meiner Stelle | |
all das verwalten; | |
|
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du sollst über all das Herr sein. | |
430 | Wessen bedarfst du mehr? |
Alle Geschöpfe sollen dich | |
ebenso fürchten wie mich. | |
Nichts sei so schrecklich, | |
daß es dir widerstehen könnte. | |
|
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435 | Weder Löwe noch Einhorn |
lasse seiner Wut die Zügel schießen: | |
Wenn sie dich hören, | |
sollen sie von ihrem Grimm ablassen. | |
Sei du mir gehorsam, | |
440 | so kann dir nichts widerstehen. |
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Ich bin dein Gott. | |
Solang du mein Gebot hältst, | |
bist du unsterblich | |
wie ich.« | |
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445 | Als der gewaltige Gott |
alle seine Werke vollendet hatte | |
und er nichts geschaffen hatte, | |
was ihm | |
durch sein Verhalten mißfiel, | |
450 | weil sie ganz und gar vollkommen waren, |
da war es die Zeit der Vesper, | |
wie uns die Bibel sagt; | |
der sechste Tag ging da zur Neige | |
wie immer, mit einem Abend. | |
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455 | Als der siebente Tag kam, |
wollte Gott nichts mehr schaffen; | |
Er nahm ihn sich als Tag der Ruhe, | |
um uns Armseligen eine Wohltat zu erweisen, | |
so daß Mann oder Frau, | |
460 | wenn sie sich die ganze Woche über abgeplagt haben, |
am Sonntag | |
Freude und Ruhe finden können. |
Autor: Marzena Górecka
Ostatnia aktualizacja: 10.02.2012, godz. 11:02 - Marzena Górecka
Ostatnia aktualizacja: 10.02.2012, godz. 11:02 - Marzena Górecka